2020/04/25

Statistisches zum Coronavirus (2)

Eine der besten statistischen Informationsquellen zum Verlauf der Corona-Krise ist Worldometer.
Dort werden auch einzelne Länder hinsichtlich verschiedener Parameter aufgedröselt.

Es dürfte inzwischen schon aufgefallen sein, dass die Todesraten in verschiedenen Ländern zum Teil recht unterschiedlich sind. Woran das liegt, muss dann im Einzelnen analysiert werden. Im Großen und Ganzen lässt sich aber sagen, dass die Staaten mit extrem hohen Todesraten offenbar (auch) ein strukturelles Problem in ihrem Gesundheitssystem haben.

Sehen wir uns jetzt zwei Staaten an, die gut vergleichbar sind: Schweden und Österreich. Im Folgenden sehen wir einen Screenshot vom 21. April 2020. In der ersten Spalte (weiß) nach dem Ländernamen sehen wir die akkumulierte Anzahl der behandelten Coronafälle, in der dritten Spalte (ebenfalls in weiß) die Zahl der Verstorbenen. Die farbigen Spalten bezeichnen die jeweiligen Veränderungen zum Vortag (gelb: Anzahl Erkrankter, rot: Anzahl Verstorbener).

Screenshot Worldometer, 21.04.2020
Beide Länder habe in etwa dieselbe Zahl an Erkrankten, Schweden mit 15322 Fällen etwas mehr als Österreich mit 14873 Erkrankten. Auffällig ist jedoch die sehr unterschiedliche Sterblichkeit. Schweden hat eine mehr als dreimal so hohe Todesrate pro Erkranktem als die Alpenrepublik.

Das lässt tief blicken.

Ich habe selbst längere Zeit in Schweden gelebt und kenne das dortige Gesundheitssystem. Man kann in diesem Land nicht so ohne weiteres "zum Arzt" gehen. Vielmehr gibt es Gesundheitszentren, sogenannte Vardcentralen, an die man sich wenden muss. Dort wird der Patient zuerst von einer Krankenschwester in Augenschein genommen, und erst wenn diese feststellt, dass Sie krank genug sind, um einen Arzt zu sehen, werden Sie an diesen weitergeleitet.

Ich will nicht sagen, dass die höhere COVID-Sterblichkeit allein auf die Schwächen des Gesundheitssystems zurückzuführen ist. Aber ein gewichtiger Faktor ist es auf jeden Fall.

Im übrigen bin ich gespannt, wie sich der schwedische Weg des Anti-Lockdowns erweisen wird. Dieses Vorgehen sollte man nicht pauschal verwerfen. Denn es ist klar, dass nur eine ausreichende Herdenimmunität eine rasante Verbreitung des Virus verhindern wird. Und das Vorgehen der schwedischen Behörden ist bestimmt der Weg, diese Herdenimmunität so rasch wie möglich herzustellen. Eine zweite Welle, wie sie in anderen Ländern erwartet wird, sollte dann weitgehend ausbleiben.

Zur Lage in Österreich gibt es ein lesenswertes Interview auf Addendum.

Daraus:
Ein kleines Rechenbeispiel: Österreich hat 30 Intensivbetten pro 100.000 Einwohner, Schweden hat 6 Intensivbetten pro 100.000 Einwohner, also fünfmal weniger. Das heißt, wenn Österreichs Intensivstationen zur Hälfte belegt sind, wären sie in Schweden schon längst kollabiert.
Und über die Kollateralschäden der gegenwärtigen "Strategie" gegen das Coronavirus:
In einem aktuellen Artikel, der gerade in der renommierten Fachzeitschrift The Lancet erschienen ist, haben italienische Kinderärzte aus fünf Krankenhäusern zwölf Fälle analysiert. Diese betrafen Kinder, die aus Angst vor einer Infektion mit SARS-CoV-2, in der Woche zwischen 23. und 27. März, verspätet ein Krankenhaus aufgesucht haben. Zwei Kinder hatten eine Erstmanifestation von Typ-I-Diabetes, zwei Kinder eine Erstmanifestation einer Leukämie, ein Kind hatte anhaltende Krampfanfälle, und die anderen sieben Kinder hatten etwas anderes. In dieser kleinen Fallstudie mussten sechs Kinder, also die Hälfte, auf der Intensivstation versorgt werden. Vier Kinder verstarben. In allen Fällen war es die Angst der Eltern vor einer Infektion, die zu Verzögerungen in der Versorgungskette geführt hat. In fünf Fällen haben die Eltern telefonisch Gesundheitsdienstleister kontaktiert. Eine klinische Untersuchung fand aus Angst vor einer Infektion entweder nicht statt, oder das Krankenhaus äußerte sich ablehnend. Im Vergleichsraum des vergangenen Jahres gab es keine vergleichbaren Fälle und keinen einzigen Todesfall. 2019 lag die Gesamtzahl der pädiatrischen Todesfälle in diesen fünf pädiatrischen Krankenhäusern bei 0 bis 3. Die Autoren gehen davon aus, dass ihre kleine Studie das Problem deutlich unterschätzt.

Darüber hört man in den Medien so gut wie nichts. Warum wohl?







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