2017/11/11

Wie viel Energie für Licht?

Energiesparen ist der Trend. Schon seit Jahrzehnten, mindestens jedoch seit der Ölkrise in den 1970er Jahren. Damals war die Motivation dahingehend, dass unsere Energiereserven begrenzt und politisch verletzlich sind. Inzwischen ist die Begründung etwas abstrakter geworden, indem man den seit Jahrmillionen stattfindenden Klimawandel neuerdings als Menschenwerk verkauft.

Nun ist der Autor dieser Zeilen durchaus ein Anhänger des vernünftigen Umgangs mit Ressourcen. Aber um genau diesen vernünftigen Umgang sicherzustellen, ist es eben angebracht zu wissen, wie hoch der tatsächliche Ressourcenverbrauch ist. Und hier hapert es schon bei den meisten, die das große Verzichten predigen, ohne zu wissen, wieviel sie eigentlich verbrauchen. Und der Verbrauch an Energie, um den es naturgemäß in diesem Blog geht, ist letztlich ein Indikator für den Entwicklungsstand einer Gesellschaft.

Nehmen wir ein Extrembeispiel: Jemand, der nie vor Sonnenaufgang aufsteht und spätestens mit Sonnenuntergang zu Bett geht, braucht theoretisch gar keine Energie für Beleuchtungszwecke. Ich sage theoretisch, weil sich selbiges wohl nur bei einer Trekkingtour in einer wilden Naturlandschaft verwirklichen lässt. Im praktischen Leben eines Europäers oder Nordamerikaners dürfte dieses Szenario kaum jemals Realität sein.

Um nun den Energieverbauch für die Beleuchtung von Räumen abzuschätzen, müssen wir zunächst einmal einige Eckdaten festlegen. Wir nehmen erstens an, das jeder Raum mit 100 W elektrisch beleuchtet wird. Das ist im Zeitalter der Energiesparlampe zwar weit übertrieben, erleichtert aber die folgenden Überlegungen, für die wir uns nicht in Details verlieren und nur eine Abschätzung der Obergrenze liefern wollen.

Die zweite Annahme betrifft den Lebensrhythmus der Bewohner unserer Modellwelt. Sie gehen um Mitternacht zu Bett, stehen um 6:00 Uhr morgens auf und gehen um 8:00 Uhr außer Haus.

Diesen immer wiederkehrenden Ablauf setzen wir nun in Bezug zur Tageslichtdauer. Es versteht sich von selbst, dass man im Sommer weniger Licht benötigt als im Winter. In unseren mitteleuropäischen Breiten geht die Sonne am längsten Tag des Jahres, also am 21. Juni gegen 3:00 Uhr früh auf und gegen 21:00 Uhr unter. Dies ist das sogenannte Sommersolstitium. Der andere Extrempunkt des Jahres ist das Wintersolstitium am 21. Dezember, wo die Sonne erst gegen 8:00 Uhr aufgeht und gegen 16:00 Uhr wieder unter dem Horizont verschwindet.

Was bedeutet das für die Beleuchtungsdauer? Nun, im Juni brauchen morgens überhaupt kein Licht und abends nur 3 Stunden, macht also insgesamt 300 Wh (Wattstunden). Im Dezember müssen wir morgens zwei Stunden das Licht anschalten und abends dann für acht Stunden, wobei wir weiters annehmen, dass wir bereits bei Sonnenuntergang zu Hause sind. Wir kommen dann auf 1000 Wh, also eine Kilowattstunde. Der Mittelwert dieser beiden Extrempunkte beträgt 650 Wh (pro Tag). Wenn wir das mit der Anzahl der Tage eines Jahres (365) multiplizieren, erhalten wir einen Jahresverbrauch von 237,25 kWh pro Raum.

Das ist nun, wie gesagt, ein Maximalwert, der in der Praxis kaum jemals erreicht werden dürfte. Mit den heutigen Energiesparlampen sollte es ein Leichtes sein unter 100 kWh pro Jahr und Raum zu bleiben. Diese Zahl lässt sich leicht merken und kann als Referenzwert dienen, wenn wir uns mit anderen Verbrauchswerten beschäftigen.


2017/11/04

Ist Österreich wirklich atomstromfrei?

In Österreich ist die Ablehnung der nuklearen Stromerzeugung mindestens ebenso groß wie bei unseren deutschen Nachbarn. Hier geht es sogar soweit, dass sich mehr oder weniger prominente Politiker öffentlich gegen Kernkraftwerke im benachbarten Ausland engagieren und damit den Eindruck erwecken, man könnte den Nachbarländern vorschreiben, wie sie ihren Strom zu erzeugen hätten.

Nun trifft es sich, dass Österreich im europäischen Stromverbund große Mengen an Energie von eben jenen Ländern bezieht, die ihrerseits Kernkraftwerke betreiben (Deutschland, Tschechien et.). Es sollte sich ja inzwischen herumgesprochen haben, dass sich der Strom, der durch die Leitungen fließt, nicht nach seiner Herkunft unterscheiden lässt. Dies ist eine physikalische Unmöglichkeit. Aber mit Naturgesetzen tun sich Umweltbewegte mitunter schwer, und so wird tapfer die Illusion aufrechterhalten, die gesamte Elektrizität in Österreichs Netzen sei nuklearfrei.

Um dieses Dilemma anhand eines anschaulicheren Beispiels zu verdeutlichen: Die Donau wird von mehreren Zuflüssen wie Isar, Inn und Traun gespeist. Wenn nun jemand weiter östlich dieser Zuflüsse Wasser aus der Donau entnimmt und behauptet, dieses Wasser sei völlig frei von Traunwasser, so ist das natürlich Unsinn. Es besteht keine Möglichkeit, den Anteil des Traunwassers vom Rest zu separieren.

Und genauso verhält es sich mit dem Strom, der in verschiedenen Kraftwerken erzeugt wird. In der Steckdose des Verbrauchers lässt sich der individuelle Kraftwerksstrom ebenso wenig identifizieren wie in der Überlandleitung.

Nachdem dieser Sachverhalt keinerlei Deutungsspielraum zulässt, versuchen einige bekannte Großbetriebe (Google, Apple, die Deutsche Bundesbahn, um nur einige zu nennen) und Staaten (Österreich) ihr Umweltgewissen mit einem Taschenspielertrick reinzuwaschen: sie kaufen sich Stromzertifikate von "grünen" Produzenten, die mengenmäßig ihrem Verbrauchsprofil entsprechen. Damit ist, rein rechnerisch, die Bilanz unbefleckt, auch wenn sich dies faktisch nicht behaupten lässt. In Österreich ist sogar eine ganze Agentur damit beschäftigt: E-Control.

Auf dem stets lesenswerten Blog Energy Matters hat sich Roger Andrews unter dem Titel The myth of a nuclear-free Austria ausführlich mit der Materie beschäftigt. Sehr erhellend.