2018/12/15

Energie sparen - Wieviel ist möglich?

In früheren Beiträgen habe ich mich bereits mit Fragen des Energieverbrauchs in Wohngebäuden auseinandergesetzt, nämlich hier und hier.

Heute also am Beispiel Schweden. Und hier insbesondere der Bereich Heizung und Warmwasser in Häusern und Wohngebäuden.

Es gibt zwar eine einheitliche europäische Statistik - Eurostat, die einzelne Länder direkt vergleichbar macht. Andererseits hat jedes Land seine eigene spezifische Statistiktradition.

In Schweden beispielsweise gibt es eine jährliche Erhebung des Energieverbrauchs von Ein- und Mehrfamilienhäusern und Wohngebäuden. In dieser Datensammlung wird unter anderem der Verbrauch entsprechend dem Alter des Hauses oder Wohngebäudes aufgelistet. Die vor allem interessante (und damit vergleichbare) Größe ist der Energieverbrauch pro Quadratmeter (kWh/m^2). Die entsprechende Graphik sieht dann so aus wie in Fig. 1.

Fig. 1 Energieverbrauch für Heizung und Warmwasser (Einfamilienhäuser) in Schweden

Die rote Linie zeigt an, um wieviel der spezifische Energieverbrauch über dem Verbrauch der modernsten, also energiesparendsten Häuser liegt.

Wenn man nun noch weiß, wie groß die beheizte Fläche in jeder Kategorie in Quadratmeter ist, dann lässt sich daraus leicht der Energieverbrauch pro Alterskategorie berechnen. Dankenswerter Weise beinhaltet die schwedische Statistik auch diese Daten. Die Summe über alle Kategorien liefert schließlich den gesamten Energiebedarf für Heizung und Warmwasser für Einfamilienhäuser in Schweden. Dieser Wert lag in den letzten Jahren im Mittel bei etwa 32 TWh (Terawattstunden).

Nun kann man sich folgende Frage stellen: Wieviel Energie könnte man einsparen, wenn man alle Häuser auf den modernsten Stand der Technik brächte? Es geht also bildlich gesprochen darum, alles was oberhalb der roten Linie liegt, abzuschneiden. Das lässt sich rechnerisch leicht durchführen. Wir schauen uns an, um wieviel der spezifische Energieverbrauch in kWh/m^2 über dem niedrigsten Wert liegt.

Das führen wir für jede Kategorie durch und multiplizieren wieder mit der beheizten Fläche in jeder Kategorie. Daraus erhalten wir ein Einsparpotential von ca. 11 TWh (Mittelwert der letzten Jahre) für alle Einfamilienhäuser. Mit anderen Worten: Würden wir jedes Haus technisch so aufrüsten, dass es nicht mehr als die Häuser der energiesparendsten Kategorie verbraucht, könnten wir bei schwedischen Wohnhäusern rund 11 TWh einsparen. Verglichen mit dem derzeitigen Energieverbrauch von 32 TWh wäre das also ungefähr ein Drittel.

Eine analoge Untersuchung gibt es auch für Wohngebäude, deren Ergebnisse in Fig. 2 dargestellt werden. Es gelten die gleichen Überlegungen wie oben für Einfamilienhäuser (und Doppelhaushälften).

Fig. 2 Energieverbrauch für Heizung und Warmwasser (Wohngebäude) in Schweden

Der Energieverbrauch (Heizung und Warmwasser) für Wohngebäude in Schweden beträgt rund 26 TWh (Mittelwert der letzten Jahre).

Wie oben können wir auch hier das Einsparpotential ausrechnen, das sich ergibt, wenn man alle Gebäude energiemäßig auf den modernsten Stand der Technik bringt. Dieses Potential beträgt bei schwedischen Wohngebäuden rund 9 TWh, was wiederum einem Drittel des bisherigen Energieverbrauchs entspricht.

In beiden Fällen (Einfamilienhäuser und Wohngebäude) lässt sich somit rund ein Drittel der Energie für Heizung und Warmwasser einsparen. Ein Drittel ist nicht wenig. Aber es ist eben auch nicht so wahnsinnig viel, insbesondere wenn wir den gesamten Energieverbrauch eines Landes betrachten.

Wir haben in diesem Posting eine kleine Analyse durchgeführt für einen sehr speziellen Fall. Der Energieverbrauch für Heizung und Warmwasser ist verglichen mit dem gesamten Verbrauch nicht gerade klein. Im Jahr 2016 lag der Endenergieverbrauch in Schweden bei 379 TWh gemäß Eurostat.
Vergleichen wir das mit dem oben berechneten Sparpotential von 20 TWh, so sehen wir, dass wir nur gut 5% des gesamten Endenergieverbrauchs einsparen können, wenn alle Wohneinheiten auf dem neuesten Stand der Technik sind.

Ob das genügt, um die Vorgaben der Klimarettung zu erfüllen?




2018/12/02

Manchmal weht der Wind

... und manchmal eben nicht.

Zu den bekanntesten grünen Mythen gehört die These, dass irgendwo immer der Wind weht. Und dass folglich immer genügend Windstrom verfügbar sein sollte, um jene Gegenden, in denen gerade Flaute herrscht, mit regenerativem Strom zu versorgen.

Doch ist das wirklich so? Es mag in der Tat häufig so sein, obwohl auch hier eine quantitative Analyse die eine oder andere Überraschung parat haben dürfte. Es ist aber andererseits nicht ungewöhnlich, dass weite Teile Europas von einer Flaute oder einem Überangebot an Wind betroffen sind.

Dieses Szenario analysiert Roger Andrews am Beispiel Westeuropas. Dazu nimmt er (Echtzeit) Daten von P-F Bach, der in seinem elektronischen Archiv stündliche Werte für die Windstromproduktion in MWh bereitstellt.

Zwei Tage im Januar 2016 verdeutlichen das Problem. Am 20. Januar 2016 mittags war das Windaufkommen in weiten Teilen Westeuropas ziemlich mager. Zehn Tage später, am 30 Januar 2016  um 7:00 Uhr trat genau der umgekehrte Fall ein und es gab ein klares Überangebot an Windstrom.

Fig. 1 Flaute und Überangebot an Windstrom in Westeuropa an zwei ausgewählten Tagen im Januar 2016. Quelle: http://euanmearns.com/quantifying-wind-surpluses-and-deficits-in-western-europe/

Die Zahlen in den jeweiligen Ländern geben die Kapazitätsfaktoren der Windstromerzeugung an. Mit anderen Worten: am 20. Januar waren die Windräder in Deutschland nur zu etwa 10% ausgelastet, während sie zehn Tage später gut 70% ihrer Leistungsfähigkeit erreichten. Für die anderen Länder gilt das natürlich ebenso.

Überlagert man die Windstromproduktion für die einzelnen Länder im Januar 2016, erhält man folgendes Bild:

Fig. 2 Windstromerzeugung in Westeuropa im Januar 2016. Quelle wie oben.

Aus Fig. 2 wird klar, dass die oben angeführten Extremwerte eben nur die Spitze des sprichwörtlichen Eisbergs sind. Denn die Ungleichgewichte in der Windstromerzeugung halten eben über einige Tage hinweg an.

Dazu noch eine Anmerkung meinerseits: Dieses Beispiel verdeutlicht die Situation im Januar 2016. Traditionell ist Januar jener Monat, in dem eine andere Quelle regenerativer Energie, nämlich die Sonne, auf dem Tiefpunkt ihrer Leistung ist. Es ist also völlig aussichtslos, Defizite an Windstrom mit etwaigen Überschüssen an Solarstrom ausgleichen zu wollen. Und selbst angenommen, die Wintersonne scheint in Spanien mit voller Kraft, so würde das dennoch nicht ausreichen, um allein die sonnenärmeren nördlichen Nachbarn, also Frankreich, Deutschland, Schweden und das Vereinigte Königreich mitzuversorgen. Von den kleineren Ländern ganz zu schweigen.