Wir sollten aber nicht zu hart über die Journaille urteilen. Wer immer nur Hofberichterstattung geübt hat, kann eben nichts anderes. Dazu kommt die große Unwissenheit über die Gefahr, sodass man meinte, das Vorsorgeprinzip müsse in alle Lebensbereiche ausgedehnt werden. Und das mangelnde Wissen betraf ja auch die Expertenschaft. Also auch hier kein unmittelbarer Vorwurf. Und schließlich kämpfen Medien um Auflage und Klickzahlen: das haben nüchterne Überlegungen und ein bedächtiges Abwägen keine Chance.
Es ist der ewige Wettstreit zwischen schnellem und langsamem Denken. Das schnelle Denken sichert den Klick und die Aufmerksamkeit. Das langsame Denken hingegen ist schwierig und anstrengend. Wer will das schon in der Hitze des Gefechts. Dabei liefert letzteres genau die Erkenntnisse, die uns in Zukunft nützen können.
Und schließlich gibt die Politik auch gerne den Beschützer, vor welchen Schreckensszenarien auch immer, egal ob Klimawandel oder Corona. Im Anschluss an die Gefahrenabwehr wird dann das entsprechende Schutzgeld fällig.
Hinterher ist man immer klüger. Hoffentlich ist das auch in Zeiten von Corona der Fall. Zweifel sind angebracht.
Inzwischen gibt es reichliches Zahlenmaterial, das sich lohnt genauer unter die Lupe genommen zu werden. Viruserkrankungen breiten sich nämlich nicht wie eine Dampfwalze aus, die unterschiedslos alles mit sich reißen. Stattdessen gibt es Clusterbildungen, die gute Hinweise auf Ausbreitungsmuster liefern. Dies müsste bei den zuständigen Fachleuten auch bekannt sein, sollte man zumindest meinen.
Mit dem Phänomen der clusterhaften Ausbreitung beschäftigt sich ein lesenswerter Beitrag auf der Achse des Guten. Dort wird der Sachverhalt in zeitlicher und räumlicher Hinsicht analysiert und mit Abschätzungen untermauert. Demnach waren es vor allem zwei Umstände, die als Treibsatz für die Ausbreitung des Coronavirus fungierten: der Karneval in Deutschland und die Apres-Ski-Parties in den Skigebieten. Ähnliches gilt wohl auch für Österreich.
Der Autor des Achse-Artikels hält angesichts seiner Erkenntnisse den allgemeinen Lockdown für überzogen. Nun, dem ist weitgehend zuzustimmen. Zwar werden die Ausgangsbeschränkungen die weitere Verbreitung des Virus etwas reduziert haben. Ob die dadurch bewirkten Kollateralschäden (insbesondere die Lähmung des wirtschaftlichen Lebens) in einem vernünftigen Verhältnis zu dem (minimalen) gesundheitlichen Nutzen stehen, darf allerdings hinterfragt werden.
Es sieht in der Tat so aus, als hätte die Schließung von Pubs und die Absage von Großveranstaltungen einen weitaus größeren Einfluss auf die Eindämmung des Virus als andere Maßnahmen. Man muss eben jene Orte unter Kontrolle bringen, wo ein reger Austausch von Viren stattfinden kann. Das müsste den Verantwortlichen inzwischen schon klar sein.
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