2020/01/25

Lesestoff: Mercator - The Man Who Mapped the Planet von Nicholas Crane

Manchmal kaufe ich Bücher, die erstmal eine Weile ungelesen bleiben. So auch dieses, das bestimmt schon über zehn Jahre mein Regal bevölkert. Die Erstveröffentlichung datiert immerhin aus dem Jahr 2002.

Vielen wird der Name Gerard Mercator wenig bis gar nichts sagen, obwohl er Dinge geschaffen hat, die für uns unverzichtbar geworden sind. Er war Instrumentenbauer und Geograph und kreierte mit der nach ihm benannten Projektionsmethode die moderne Art der Kartographie. Wenn wir einen Atlas zur Hand nehmen und darin die Längen- und Breitengrade jeweils parallel zueinander laufen, dann geht dieser Brauch auf Mercator zurück.

Das Buch mit der Lebensgeschichte dieses Mannes ist nicht von überragender Qualität. Viele Beschreibungen sind langatmig, mitunter werden ellenlange Listen von Namen aufgeführt, die jedoch für den weiteren Verlauf völlig irrelevant sind. Demgegenüber hätte es nicht geschadet, die Entwicklung der Mercatorprojektion etwas detaillierter zu schildern. Das ist umso erstaunlicher, weil der Autor selbst Geograph ist und bestimmt eine ganze Menge darüber sagen kann (sollte man zumindest meinen).

Dennoch hat das Werk auch seine positiven Seiten, die sich häufig nur indirekt erschließen. Wie bei jeder Biographie muss auch hier den Zeitumständen Rechnung getragen werden. Und der Autor tut das mitunter recht ausführlich. Wir sehen Mercators Leben in einer Epoche, die von schrecklichen Dingen geprägt war. Die Glaubenskriege der Reformation und die Inquisition nahmen, besonders letztere, Einfluss auf das Leben des Protagonisten. Er saß mehrere Monate in Untersuchungshaft, ehe er wieder freigelassen wurde, während andere, auch ihm nahe stehende Zeitgenossen auf dem Scheiterhaufen landeten. Ja, es ist schon richtig, die Inquisition war nicht zimperlich. Aber es wird eben auch klar, dass der Verdacht ketzerischen Verhaltens nicht automatisch zu einem Todesurteil führte. Es musste schon eine eingehende Beweisaufnahme durchgeführt werden, ehe man die Maximalstrafe verhängte.

Aber auch andere Umstände ließen Mercator nicht immer auf der Sonnenseite des Lebens verweilen, kriegerische Auseinandersetzungen und die Pest klopften an seine Tür.

Trotz dieser Widrigkeiten, die jede Schneeflocke unserer Tage in den Wahnsinn (oder zumindest in den Safe Space) treiben würden, schaffte er es, einen erstklassigen Ruf als Kartenmacher zu erlangen und seine große Familie zu ernähren.

Doch auch das größte Genie konnte nicht im luftleeren Raum agieren. Um seine Projekte vorantreiben zu können, benötigte er möglichst reiche und mächtige Gönner, die bei Hofe ein gutes Wort für ihn einlegen konnten. Das ist heute auch nicht viel anders, wenn man bedenkt, welche Bereiche der Wissenschaft sich politischen Wohlwollens erfreuen und welche nicht.

Alles in allem ein mehr als bemerkenswertes Leben, das vor allem eines zeigt: Auch widrige Umstände können einen kreativen und leidensfähigen Menschen nicht aus der Bahn werfen. Und klar, es braucht auch mitunter das Quentchen Glück, um die Kurve zu kriegen. Aber sich allein aufs Glück zu verlassen, ist definitiv zu wenig.


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