2019/05/08

Sind bessere Noten die Lösung?


Insider haben oft Informationen zur Hand, die der breiten Masse fehlen. Kürzlich berichtete eine Lehrerin aus einem kleinen EU-Land, es habe eine interne Anweisung (vom Ministerium?) gegeben, den Notenschnitt der Abiturienten zu verbessern.
Der Grund: Viele Gymnasiasten zieht es nach dem Abitur in die Nachbarländer, wo die erforderlichen Notenschnitte prohibitiv wirken. Als Folge davon sind die Abiturienten dieses Landes bei der Studienwahl benachteiligt, weil sie keine (oder weniger) Chancen haben, den erforderlichen Notenschnitt zu erreichen.
Mit anderen Worten: Wer zu streng ist, den bestraft das Leben.
Es wäre natürlich abwegig zu meinen, die Gymnasiasten dieses kleinen Landes hätten weniger drauf. Aber da die Universitätsverwaltungen nur auf den Notenschnitt schauen, bekommen eben nur die einen Studienplatz, deren Noten „gut genug aussehen“. Dies ist nicht den Verwaltungen anzulasten.
Will man in diesem Wettkampf mithalten, so bleibt einem fast nichts anderes übrig, als ebenfalls den Notenschnitt anzuheben.
So kommt es zu einer Inflationierung der Notengrade. Auch wenn die Noten nominell immer besser aussehen, handelt es sich in Wahrheit um ein „race to the bottom“.
Ich erinnere mich an einen Artikel aus einem Fachblatt für Physiker, irgendwann in den Nuller-Jahren (so um 2000-2001). Darin ging es um den jüngsten Jahrgang der A-Levels in Großbritannien, der – wie alljährlich – besser war als die vorangegangenen. Am Ende stellte die Autorin mit leichtem Sarkasmus fest, dass sich aus den Zeitreihen schon bald jener Zeitpunkt ergebe, an dem ALLE Teilnehmer die A-Levels bestehen würden.
Also Verwässerung, wohin man blickt.
Am Ende meiner Volksschulzeit (Anfang der 1970er Jahre) durften aus meiner Klasse nur 5 (von rund 30) ans Gymnasium. Heute müsste bei so einer Aufstiegsquote der Unterrichtsminister (oder eben die Ministerin) zurücktreten.
Und genau hier liegt das Problem. Die Mehrheit der Bevölkerung erwartet, dass die Mehrheit der Schüler in den höheren Bildungsweg übernommen werden. Und sie wählt eben jene Politiker, die genau dafür sorgen. Also kein Grund zur Aufregung. Geliefert wie bestellt.
Entsprechendes dann beim Übertritt zur Universität.
Die Klagen über die Nicht-Studierfähigkeit der Studenten haben genau hier ihren Ausgangspunkt. Auch wenn die Noten auf dem Zeugnis beeindruckend aussehen, die Intelligenzverteilung in der Bevölkerung bleibt davon völlig unbeeindruckt.

Doch es gibt eine Lösung: Verwässerung der Universitätsstudien und Einführung von Studienfächern, die man auch mit geringerer Begabung abschließen kann. Hauptsache man hat einen vorzeigbaren Abschluss (Bachelor beispielsweise). Welches Bullshitfach dahinter steht, ist letztlich egal.
Auch hier steht eine politische Strategie dahinter: Steigerung der Zahl der Uniabsolventen. Angeblich ist das gut für die Wirtschaft. Mag sein. Aber eben nur bis zu einem bestimmten Punkt. Wie jede Inflationierung führt such diese zu einer Entwertung von Abschlüssen.



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